Kurzmeldungen
Weiterbildungsteilnahme erholt sich nur langsam
Die neuesten Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen: Die Schweizer Bevölkerung hat 2023 wieder vermehrt Weiterbildungen in Anspruch genommen. An das Niveau von vor der Pandemie kommt die Teilnahme jedoch nicht heran. Erfragt wurde die Teilnahme an non-formaler Bildung in den vier Wochen vor der Befragung.
Von den 25- bis 74-Jährigen haben demnach im Jahr 2023 knapp 22 Prozent eine Weiterbildung besucht. Im Vorjahr waren es noch rund 17 Prozent. Unter den Erwerbstätigen im gleichen Altersspektrum beträgt der Anteil 26 Prozent (2022: 20 Prozent).
Bei den über 65-Jährigen hat die Teilnahme seit 2019 stärker abgenommen als bei den Jüngeren. Und zwischen den Sprachregionen und Bildungsniveaus hat eine leichte Angleichung stattgefunden. So liegt die Teilnahme bei Personen ohne postobligatorischen Abschluss wieder auf Vor-Pandemie-Niveau, während sie bei den anderen Bildungsstufen weiterhin deutlich darunter liegt.
Eine wichtige Rolle spielen auch der Arbeitsmarktstatus, das Pensum, das Alter und die berufliche Stellung. Generell gilt, dass Personen, die erwerbstätig, jünger als 55 Jahre, in einem hohen Pensum oder einer höheren beruflichen Position tätig sind, häufiger Weiterbildung nutzen als Personen, die in kleinen Pensen (unter 50 Prozent) arbeiten, selbstständig, nicht erwerbstätig oder über 55 Jahre alt sind.
Gemäss den Auswertungen des Bundesamtes für Statistik erholt sich die Weiterbildungsteilnahme also weiter, hatte Ende 2023 aber noch nicht das Niveau von vor der Pandemie erreicht. Zu erwähnen ist allerdings, dass die aktuellen Zahlen nur bedingt mit jenen vor 2020 vergleichbar sind, weil der Fragebogen zu Beginn der Pandemie leicht angepasst wurde.
Drohende Kürzungen in der Förderung der Weiterbildung
Im September legte eine Expertengruppe unter der Leitung des ehemaligen Direktors der eidgenössischen Finanzverwaltung, Serge Gaillard, dem Bundesrat mögliche Sparmassnahmen für den Bundeshaushalt vor, darunter auch Kürzungen im Weiterbildungsbereich. Die Gruppe geht sogar so weit, dem Bundesrat die Abschaffung des Weiterbildungsgesetzes zu empfehlen, um 19 Millionen Franken jährlich zu sparen.
Bereits zwei Wochen später stellte der Bundesrat sein Sparpaket vor, in dem ein Grossteil der vorgeschlagenen Massnahmen der Expertengruppe übernommen wurde. Zwar ist darin die Abschaffung des Weiterbildungsgesetzes nicht mehr vorgesehen, sämtliche Förderartikel im Gesetz sollen aber gestrichen werden. Dies betrifft einerseits die Bundesgelder für die Förderung der Grundkompetenzen Erwachsener. Anderseits sind auch die Leistungen der Organisationen der Weiterbildung betroffen, zu denen auch der SVEB gehört.
Der SVEB setzt sich gemeinsam mit den anderen Organisationen der Weiterbildung und weiteren Partnern gegen die Sparmassnahmen ein. Aus Sicht dieser Organisationen ist es unverantwortlich, die – bescheidenen – Mittel, die der Weiterbildung bisher zur Verfügung gestellt wurden, wieder zu kürzen in einer Zeit, in der der Fach- und Arbeitskräftemangel steigt und die Entwicklungen in Bereichen wie der künstlichen Intelligenz oder der nachhaltigen Entwicklung die Anforderungen an die Kompetenzen Erwachsener erhöhen. Bedenklich sind die Sparpläne des Bundes zudem im Hinblick darauf, dass die Weiterbildungsaktivität der Bevölkerung trotz steigender Kompetenzanforderungen immer noch tiefer ist als vor der Corona-Pandemie.
Cedefop-Umfrage zu KI: Es braucht Weiterbildung
KI wird vermutlich nicht ganze Stellen und Berufe ersetzen, und die langfristigen Auswirkungen werden eher positiv gesehen, aber es besteht ein Bedarf nach gezielten Massnahmen zur Weiterbildung. Dies ergab eine Umfrage unter mehr als 5000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Europa, durchgeführt vom Cedefop, dem europäischen Zentrum für die Förderung der Berufsbildung. Die ersten Ergebnisse wurden im Juni 2024 in Brüssel vorgestellt und mit Teilnehmern aus Politik, Wirtschaft, Sozialpartnern und Wissenschaft diskutiert.
Die Umfrage gibt Einblicke in die Nutzung von KI am Arbeitsplatz, die Auswirkungen auf Aufgaben und Arbeitsleistung, die Unterstützung durch Unternehmen und die Weiterbildungsmassnahmen. Es zeigt sich ein vielfältiges Bild der Wahrnehmung und Nutzung von KI in verschiedenen Ländern und Unternehmen.
Folgende Erkenntnisse gehen aus der Studie hervor:
- Die Wahrnehmung und Nutzung von KI variieren stark zwischen Ländern und Unternehmen, was auf eine digitale Spaltung hinweist.
- KI wird eher Aufgaben als ganze Jobs ersetzen und neue Arbeitsplätze schaffen.
- Es besteht ein Bedarf an gezielten Massnahmen zur Weiterbildung und Umschulung, um Arbeitnehmende auf die Zusammenarbeit mit KI vorzubereiten.
- Die langfristigen Auswirkungen von KI auf den Arbeitsmarkt werden als eher positiv eingeschätzt, da KI neue Aufgaben und Arbeitsplätze schafft.
Entwicklungen im Bereich Micro-Credentials
In der Schweiz, in Europa und darüber hinaus entstehen seit einigen Jahren zahlreiche Projekte, Positionspapiere und Diskussionsrunden zur Entwicklung von Micro-Credentials. Der SVEB hat diese in einem «Grundlagenbericht Micro-Credentials» zusammengefasst. Neuere Entwicklungen, die in diesem Bericht noch nicht aufgeführt waren, sind beispielsweise die vom Singapore Institute of Technology entwickelten Micro-Credentials oder das MicroCreds-Projekt in Irland, welches als koordinierte Modularisierung der Hochschulweiterbildung betrachtet werden kann. Darüber hinaus hat das Cedefop einen umfangreichen Bericht zum Mehrwert von Micro-Credentials erstellt und Swissuniversities hat kürzlich ein Positionspapier zum gemeinsamen Verständnis der Schweizer Hochschulen über Micro-Credentials veröffentlicht.
Die Initiativen sind sehr heterogen. So versuchen sie etwa, ein Angebot an Micro-Credentials aufzubauen, das Verständnis über Micro-Credentials zu fördern oder einen Rahmen für die Ausstellung von Zertifikaten zu schaffen. Wichtig zu wissen ist dabei, dass unter Micro-Credentials sowohl kürzere Lern- und Studienangebote als auch die entsprechenden (meist digitalen) Nachweise der Lernergebnisse verstanden werden.
Die Unterscheidung zwischen Lernangeboten und Nachweisen über Lernergebnisse hilft, die unterschiedlichen Ziele und Ansätze von Micro-Credentials zu verstehen. Während es bei den Lernangeboten vor allem darum geht, modularisierte, stapelbare und leicht zugängliche Lerneinheiten zu schaffen, geht es bei den Nachweisen eher darum, Instrumente zur Erstellung und Validierung von digitalen Kompetenznachweisen (z.B. Open Badges) und digitale Ablagen für diese Nachweise (z.B. Data Wallets) zu entwickeln sowie Standards für die inhaltliche Beschreibung der Lerneinheiten in den Nachweisen zu definieren. Der SVEB hat die Diskussion mit Anbietern und Stakeholdern der Weiterbildung dazu lanciert, wie eine Lösung für (digitale) Nachweise von Lerneinheiten in der Schweiz aussehen könnte.
Blended Learning bringt Vorteile für Lernende und Lehrpersonen
Blended Learning verbindet traditionelle Unterrichtsformen wie Präsenzunterricht mit digitalen Lernangeboten. Die rasanten technologischen Fortschritte sowie der «Notfall-Fernunterricht» während der COVID-19-Pandemie haben die Einführung digitaler Werkzeuge stark beschleunigt und das Potenzial von Blended Learning aufgezeigt.
Vor diesem Hintergrund beschreibt ein aktueller Bericht des European Expert Network on Economics of Education (EENEE) die Entwicklung, den Umsetzungsstand und die zukünftigen Herausforderungen der digitalen Dimension des Blended Learning in europäischen Bildungssystemen.
Der Bericht stellt eine generelle Zunahme der Verbreitung von Blended Learning in Europa fest. Dies liegt vor allem daran, dass Blended Education als Weg angesehen wird, um inklusivere und lernendenzentrierte Lernerfahrungen zu ermöglichen, indem es Autonomie und Flexibilität hinsichtlich der Herangehensweise, des Ortes und der Zeit des Lernens fördert. Der Bericht, der mehrere externe Studien verknüpft, stellt fest, dass Blended Learning sich positiv auf die Lernergebnisse, insbesondere in der Primar- und Sekundarstufe, auswirkt, indem es die Motivation und das Engagement der Lernenden steigert. Für die Lehrerbildung bietet Blended Learning das Potenzial, pädagogische Praktiken zu verbessern. Darüber hinaus wird erwartet, dass die digitalen Werkzeuge und Plattformen die Bewertung und das Eingreifen der Lehrkräfte in den Lernprozess verbessern.
Gemäss Bericht fehlt es allerdings an einer systematischen Integration des Blended Learning in die Bildungspraktiken in der gesamten EU. Zum Beispiel haben in den Niederlanden, Finnland und Schweden im Jahr 2023 etwa 50 Prozent der Lernenden Online-Lernangebote genutzt, während dies in Rumänien nur auf etwa zehn Prozent der Lernenden zutrifft. Zu den Herausforderungen, die digitale Dimension des Blended Learning zu stärken, gehören laut Bericht hohe Investitionen in IT und digitale Infrastruktur, soziale und institutionelle Faktoren sowie Unterschiede in der digitalen Kompetenz.
Für Lehrpersonen, die digitale Werkzeuge einsetzen sollen, um Blended Learning anzubieten, bestehen weiterhin Herausforderungen, zum Beispiel haben sie die digitale Kluft zwischen Generationen und Regionen zu überwinden oder gegen den Widerstand gegen Veränderungen anzukämpfen. Globale Kooperationen und Partnerschaften sieht der Bericht als wichtige Möglichkeiten an, um die Kompetenzen der Lehrpersonen in diesem Bereich zu stärken.
Mit Blick auf die Zukunft des Blended Learning identifiziert der Bericht aufkommende Technologien wie künstliche Intelligenz, Virtual Reality, Gamification-Tools und das Metaverse als einflussreiche Treiber für die weitere Digitalisierung. Ihre Wirksamkeit wird jedoch davon abhängen, wie Bildungspraktiken und -politiken auf nationaler und EU-Ebene gestaltet und umgesetzt werden.