Kooperation in der Berufsbildung für Erwachsene in der Schweiz: Ein Blick auf die Kantone
Die Förderung des Zugangs Erwachsener zu Abschlüssen der beruflichen Grundbildung ist in der Schweiz gegenwärtig ein wichtiges Anliegen einer am Ziel des lebenslangen Lernens orientierten Bildungspolitik. Fortschritte in diesem Bereich erfordern, wie üblich in der Berufsbildung, die Kooperation zwischen den Verbundpartnern – doch nehmen die Kantone eine besonders zentrale Rolle ein. Dieser Beitrag stellt unterschiedliche kantonale Ansätze in der Berufsbildung für Erwachsene vor und diskutiert dabei insbesondere auch Erfahrungen aus dem Kanton Zürich. Unter Verwendung des Konzepts des «kooperativen Verwaltungshandelns» zeigt der Beitrag, dass entsprechende Ansätze in starker Zusammenarbeit zwischen Behörden, Organisationen der Arbeitswelt und den zuständigen Schulen entwickelt werden müssen.
Das Berufsbildungsangebot für Erwachsene kann auf verschiedene Arten zustande kommen. Akteure, welche dieses Angebot schaffen und beeinflussen, haben unterschiedliche Möglichkeiten, ihre Handlungen zu koordinieren. Dabei soll hier zunächst unterschieden werden zwischen dem Koordinationsmechanismus des Marktes einerseits, in welchem Akteure zueinander in Konkurrenz stehen, und dem Koordinationsmechanismus der Hierarchie andererseits, in welchem vergleichsweise dominierende Akteure die Handlungen anderer Akteure aufeinander abzustimmen versuchen (vgl. z.B. Zimmer & Speth, 2015), und schliesslich – in Anlehnung an Alke (2021, 2022) – dem gewissermassen dazwischenstehenden Koordinationsmechanismus der Kooperation, einer sozialen Situation, in welcher Akteure zweckgerichtet zusammenwirken. Dieser steht im folgenden Beitrag im Fokus.
In Verwendung einer Terminologie, welche vor allem in den Wirtschafts- und Politikwissenschaften verbreitet ist, lassen sich «vertikale» und «horizontale» Formen der Kooperation unterscheiden (Rindfleisch, 2000; Yang, Zhang, & Ji, 2017). Mit dem Begriff der horizontalen Kooperation wird die Zusammenarbeit zwischen auf gleicher Ebene positionierten Akteuren bezeichnet, etwa die Zusammenarbeit zwischen Schulen, zwischen Unternehmungen oder auch zwischen Schulen und Unternehmungen. Die vertikale Kooperation hingegen bezeichnet die Zusammenarbeit zwischen hierarchisch einander zugeordneten Akteuren, etwa zwischen Behörden einerseits und Schulen oder Unternehmungen andererseits. Eine Ausprägung vertikaler Kooperationsformen ist das «kooperative Verwaltungshandeln», ein Konzept, das seit einiger Zeit in der politikwissenschaftlichen Literatur diskutiert wird (Benz, 1994; Dose, 2009) und gerade auch für das Bildungswesen von Relevanz ist. Dies zeigt sich gerade auch am vorliegenden Beispiel der Förderung des Zugangs Erwachsener zu Abschlüssen der beruflichen Grundbildung, das im Folgenden auf Grundlage von Daten eines Projekts der Pädagogischen Hochschule Zürich untersucht wird.1
Berufsbildung für Erwachsene: Koordination durch den Markt
Ein Anrecht auf eine Ausbildung auf Sekundarstufe II besteht in der Schweiz für niemanden, doch die Möglichkeit, einen Abschluss der beruflichen Grundbildung zu erwerben, steht Erwachsenen grundsätzlich ebenso offen wie jungen Menschen (Maurer, Wettstein & Neuhaus, 2016). So kann ein Betrieb einen Lehrvertrag auch mit Erwachsenen abschliessen – je nach Vorbildung besteht die Möglichkeit einer Lehrverkürzung. Zudem können Erwachsene ohne Lehrvertrag direkt zur Abschlussprüfung zugelassen werden, sofern sie gegenüber dem zuständigen Berufsbildungsamt die erforderliche Berufserfahrung glaubhaft darstellen können. Diese Formen der beruflichen Qualifizierung für Erwachsene existieren schon seit den Anfängen der durch den Bund verantworteten Berufsbildung und erfordern grundsätzlich keine Kooperation, die über das in der dualen Berufsbildung übliche Mass hinausgehen würde – denn die Koordination erfolgt im Rahmen des liberal ausgestalteten Lehrstellen- und Arbeitsmarkts. In diesem Zusammenhang sind auch die privaten, schulisch organisierten Berufsbildungsangebote zu erwähnen, welche etwa im Berufsfeld der Informatik für Erwachsene existieren.
Politikexpansion durch stärkere staatliche Intervention
Seit den 1990er Jahren hat sich die Thematik «Berufsabschluss für Erwachsene» jedoch sukzessive zu einem neuen Teilbereich der schweizerischen Berufsbildungspolitik etabliert, so dass Erwachsene mittlerweile eine durch Aktivitäten in diesem Politikfeld explizit zu erreichende Zielgruppe darstellen. Diese «Politikexpansion» (vgl. Maurer, 2022) war verbunden mit einer Zunahme staatlicher Intervention in einem bis dahin stark durch den Koordinationsmechanismus des Marktes geprägten Feld. Wie aber auch in anderen Bereichen des kollektiv organisierten Berufsbildungssystems der Schweiz (vgl. Bonoli & Emmenegger, 2022; Busemeyer & Trampusch, 2012) sind Fortschritte in diesem Bereich durch eine hierarchische Form der staatlichen Steuerung kaum möglich – und entsprechend etablierten sich unterschiedliche Formen der Koordination und der Kooperation zwischen den einschlägigen Akteuren auf unterschiedlichen Ebenen.
Die Entstehung dieses neuen Politikfelds deutete sich zunächst in der Etablierung des Validierungsverfahrens an, die vor dem Hintergrund früherer entsprechender Initiativen im Kanton Genf und aufgrund Drucks vor allem vonseiten der Frauenbewegung nach der Inkraftsetzung des revidierten Berufsbildungsgesetzes 2004 gelang (Maurer, 2019; Morand-Aymon, 2004; Schweizer Parlament, 1993). Dabei hatten die Bundesbehörden die Aufgabe, in Rücksprache mit Kantonen und Organisationen der Arbeitswelt (OdA) die Rahmenbedingungen dieses neuen Verfahrens zu definieren – was zur Verabschiedung eines entsprechenden Leitfadens führte (BBT, 2007). Die Umsetzung lag jedoch in den Händen der Kantone. Dabei galt es zunächst zu koordinieren, welche Kantone das Validierungsverfahren in bestimmten Berufen anbieten sollten – wobei sich die Kantone in diesem Koordinationsprozess auch durch eigene, nicht in gegenseitiger Absprache erfolgenden Initiativen in Position brachten, so dass etwa mit den Kantonen Zug und Zürich zwei Nachbarskantone schon früh je eigene Verfahren für Fachleute Gesundheit anboten.
Diese sogenannten Verfahrenskantone hatten nicht nur die Aufgabe, das Verfahren konkret anzubieten und auch Möglichkeiten für die sogenannte ergänzende Bildung zu schaffen, sie sollten die entsprechenden berufsspezifischen Verfahren auf Grundlage des erwähnten Leitfadens auch entwickeln (BBT, 2010b). Zu diesem Zweck mussten die kantonalen Berufsbildungsbehörden, welche bis dahin nicht für die Entwicklung von Qualifikationsverfahren zuständig waren, eng mit den entsprechenden Berufsverbänden, in vielen Fällen auch mit den Stellen der Berufsberatung zusammenarbeiten. Letzteres galt besonders auch für den Aufbau zunächst bei den Berufsberatungen angesiedelter sogenannter Eingangsportale, die – in sämtlichen Kantonen – am Validierungsverfahren interessierte Personen beraten sollten (BBT, 2010a). Gerade letztere Form der Kooperation gestaltete sich zunächst in zahlreichen Kantonen nicht ganz einfach, da die Fachleute der Berufsberatung stärker individuelle Potenziale und Kompetenzen im Blick hatten, während die Vertretenden der Berufsbildungsbehörden stärker von den Anforderungsprofilen der einzelnen beruflichen Grundbildungen her dachten (Maurer & Schneebeli, 2018).
Begrenzte Möglichkeiten des Bundes
Im Kontext des sich zunehmend akzentuierenden Fachkräftemangels wurde die Förderung der Berufsbildung für Erwachsene im Rahmen des Spitzentreffens der Berufsbildung 2014 zu einer Priorität der Verbundpartner erklärt, womit die durch das Validierungsverfahren begonnene Etablierung des neuen Politikfelds weiter gefestigt wurde (SBFI, 2014). Der Fokus nationaler Bemühungen richtete sich nun auch auf die anderen, bereits erwähnten Wege, mittels welcher Erwachsene einen Berufsabschluss erwerben können; insgesamt wurde dabei die Bedeutung des Validierungsverfahrens auf nationaler Ebene relativiert, vor allem weil es sich nur in wenigen Berufen etabliert hatte und die Zahl der Kandidierenden kleiner blieb als erhofft (SBFI, 2018; Schmid, 2019). Zentrale, treibende Kraft war zunächst das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), wobei allen Akteuren von Beginn an klar war, dass der Bund nur einen geringen direkten Einfluss auf die Verbesserung des Zugangs Erwachsener zu Berufsabschlüssen hat – weniger als etwa die Organisationen der Arbeitswelt und vor allem auch weniger als die Kantone. Nachdem die Berufsbildung für Erwachsene zu einem wichtigen Thema der Initiative «Berufsbildung 2030» erklärt worden war, wurden daher viele mit dieser Thematik verknüpfte Arbeiten von der Schweizerischen Berufsbildungsämterkonferenz (SBBK) vorangetrieben. Die Kantone verpflichteten sich insbesondere, wenn auch letztlich unverbindlich, die finanziellen Hürden für die Erlangung eines Berufsabschlusses für Erwachsene zu reduzieren (SBBK, 2018).
Unterschiedliche kantonale Ansätze zwischen zwei Polen
Unverbindlich musste diese kollektive Selbstverpflichtung der Kantone auch deshalb bleiben, weil sich im Bereich der Berufsbildung für Erwachsene kantonale Ansätze entwickelt haben, die sich gerade auch hinsichtlich Koordination und Kooperation sehr unterschiedlich darstellen und sich zwischen zwei Polen bewegen.
An einem Pol befinden sich Kantone, die im Bereich der Berufsbildung für Erwachsene vergleichsweise wenig intervenieren, also im Wesentlichen weiterhin auf die Dynamik des Lehrstellenmarkts vertrauen. Dieser Ansatz wird von einigen meist kleineren Kantonen in der Deutschschweiz verfolgt. Am anderen Pol befinden sich die interventionistisch agierenden Kantone, in denen die Förderung der Berufsbildung für Erwachsene ein zentrales Thema kantonaler Bildungspolitik darstellt. Zu diesen gehört insbesondere der Kanton Genf, der sich seit den 1990er Jahren aus sozialpolitischen Gründen stark – und mit einem umfassenden Budget – für diese Thematik engagiert. Doch auch der Kanton Wallis, wo das Validierungsverfahren lange vor allem im französischsprachigen Teil gefördert wurde, ist nahe diesem Pol zu sehen. Viele Kantone bewegen sich allerdings zwischen den beiden Polen. Dort ist die Thematik vor allem auf der Ebene der Bildungspolitik nicht so wichtig wie etwa in Genf, doch ihre Bedeutung wird von den Behörden und einigen besonders betroffenen Branchen und deren Verbänden anerkannt – wobei die Akteure in diesem Bereich stark aufeinander angewiesen sind und insofern miteinander kooperieren. Das lässt sich etwa in den beiden Kantonen in der Region Basel beobachten, die sich seit Längerem für die Angebote der direkten Zulassung zur Abschlussprüfung engagieren oder auch im Kanton Bern, der sich zum Beispiel stark für das Validierungsverfahren in der kaufmännischen Grundbildung eingesetzt hat. Zu erwähnen wären aber auch der Kanton Zug, der sich mit eigenständigen, innovativen Ansätzen seit langer Zeit um die berufliche Nachqualifizierung in den Gesundheitsberufen bemüht – oder auch der Kanton Solothurn, wo das Erwachsenenbildungszentrum in Olten in zahlreichen beruflichen Grundbildungen separate Klassen für Erwachsene führt.
Kooperation konkret: Kanton Zürich
Ein schon mit Blick auf die Anzahl der Lehrverhältnisse bedeutsamer Kanton ist zweifellos Zürich. Auch hier steht die Berufsbildung für Erwachsene nicht im Zentrum des bildungspolitischen Interesses, doch Behörden und einzelne Branchen engagieren sich schon länger für sie. So gehört der Kanton Zürich ebenfalls zu den Pionieren des Validierungsverfahrens, das hier zunächst für die Fachleute Gesundheit EFZ, dann jedoch auch für die Fachleute Betreuung EFZ, für die Logistiker/innen EFZ und schliesslich für die Informatiker/innen EFZ in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Organisationen der Arbeitswelt entwickelt wurde. Das Ziel des Kantons in der Ausgestaltung dieser Verfahren bestand dabei immer darin, die Zugänglichkeit der Berufsabschlüsse für Personen mit einschlägiger Berufserfahrung zu verbessern – gleichzeitig aber sicherzustellen, dass die Anforderungen der bestehenden Qualifikationsverfahren nicht durch allzu flexible Formen der Kompetenzevaluation unterlaufen werden würden, was vonseiten einzelner Branchen immer wieder auch kritisch gesehen wurde (Kehl, Wigger & Wolf, 2013). Durch die Arbeit am Validierungsverfahren entwickelte sich eine intensive Zusammenarbeit zwischen dem für die Berufsbildung zuständigen Mittelschul- und Berufsbildungsamt (MBA) und der in einem anderen kantonalen Amt verorteten Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung; diese funktionierte nicht zuletzt deshalb gut, weil bald ein gemeinsames Verständnis von den an die Kandidierenden zu stellenden Anforderungen bestand – was in anderen Kantonen zum Teil mit grösseren Mühen verbunden war. Zu wichtigen Kooperationspartnern wurden jedoch auch die Berufsfachschulen, welche die für das Validierungsverfahren erforderlichen ergänzenden Bildungsangebote bereitstellen. Diese Zusammenarbeit bietet nicht zuletzt betriebswirtschaftliche Herausforderungen, weil von den Schulen ein breites Angebot an Modulen erwartet wird, welche jedoch nicht alle immer gleich ausgelastet sind. In einem Fall erschien die Aufrechterhaltung eines Modulangebots für die Schule schliesslich sogar so wenig attraktiv, dass sie sich zurückzog. Das kantonale Amt suchte gemeinsam mit der zuständigen Organisation der Arbeitswelt nach Alternativen und konnte schliesslich Berufsfachschulen ausserhalb des Kantons Zürich von einem Engagement für die ergänzende Bildung in diesem einen Beruf überzeugen.
Die Zusammenarbeit zwischen kantonalen Behörden, Organisationen der Arbeitswelt und Berufsfachschulen im Bereich der Berufsbildung für Erwachsene dient mittlerweile aber nicht nur der Verbesserung der Validierungsverfahren in den einzelnen Berufen, sondern auch der Ausgestaltung von anderen Angeboten, insbesondere von zusätzlichen schulischen Angeboten, die sich spezifisch an Erwachsene richten: So bietet eine Berufsfachschule seit vielen Jahren Unterricht für die auf zwei Jahre verkürzte Grundbildung Fachfrau/Fachmann Betreuung EFZ an, und zwar deshalb, weil diese Form der beruflichen Nachqualifizierung aus Sicht vieler Betriebe für sie passender ist als das Validierungsverfahren. Eine andere Schule bietet Kurse an, die auf die direkte Zulassung zur Abschlussprüfung im Beruf Fachfrau/Fachmann Gesundheit EFZ vorbereiten – und befindet sich in einem Dialog mit den Behörden und der zuständigen Organisation der Arbeitswelt über ein allfälliges Angebot im Bereich der verkürzten Grundbildung in diesem Beruf. In all diesen Fällen können tragfähige Lösungen nur in Kooperation zwischen den relevanten Akteuren, unter Berücksichtigung ihrer Interessen sowie der finanziellen und organisationalen Voraussetzungen entstehen.
Kooperatives Verwaltungshandeln in der Berufsbildung für Erwachsene: Ein Fazit
Dieser Beitrag zeigt, dass im Bereich der Berufsbildung für Erwachsene in der Schweiz unterschiedliche Ansätze der Koordination und der Kooperation koexistieren. Insgesamt sind sich wesentliche Akteure der Verbundpartnerschaft jedoch darüber einig, dass in diesem Bereich, anders als in der regulären beruflichen Grundbildung für junge Lernende, der Koordinationsmechanismus des Marktes nicht ausreicht. Offensichtlich haben die für die Umsetzung der Bestimmungen des Bundes im Wesentlichen zuständigen Kantone eine zentrale Rolle in der Förderung des Zugangs Erwachsener zu Berufsabschlüssen inne, sie intervenieren in diesem Bereich aber unterschiedlich stark. Einige Kantone, unter ihnen der hier näher dargestellte Kanton Zürich, setzen nun auf eine Form der vertikalen Kooperation mit den zuständigen Verbänden und Berufsfachschulen, welche sich im Sinne der Literatur tatsächlich als «kooperatives Verwaltungshandeln» bezeichnen lässt. Dieses zeichnet sich durch folgende Elemente aus:
- Die kantonalen Behörden sind sich ihrer zentralen Rolle in der Förderung des Zugangs Erwachsener zu Berufsabschlüssen bewusst.
- Sie arbeiten dabei mit den Schulen der Berufsbildung und den Organisationen der Arbeitswelt zusammen, unter der Annahme, dass sie ein gemeinsames Interesse an der beruflichen Nachqualifizierung verbindet.
- Die Zusammenarbeit berücksichtigt gleichzeitig, dass die involvierten Akteure ihre eigenen Interessen nicht aus den Augen verlieren und sich allenfalls sogar aus divergierenden Motiven für die Berufsbildung für Erwachsene engagieren – was Kompromisse nötig macht.
- Kompromisse sind aus Sicht der Behörden möglich, solange nicht übergeordnete Ziele der Berufsbildungspolitik tangiert werden, etwa die Sicherung geltender Anforderungen an Lernende, die nicht durch allzu flexible Formen der Kompetenzevaluation unterminiert werden sollen.
- Die Kooperation im Bereich der Berufsbildung für Erwachsene wird nicht um jeden Preis eingefordert, weder von den Verbänden noch von den Schulen. Ein Opting-out steht ihnen offen, was den Druck erhöht, Lösungen zu finden, welche die Interessen aller Beteiligten berücksichtigen.
Mit dieser Darstellung kooperativen Verwaltungshandelns sei nicht gesagt, dass im Bereich der Berufsbildung für Erwachsene das Ziel schon erreicht sei. Zweifellos wird der Bedarf nach erwachsenengerechten Zugängen zu Abschlüssen der Berufsbildung weiter zunehmen – und dafür wird es noch grössere Anstrengungen brauchen, insbesondere auf der Ebene der Kantone. Dieser Beitrag macht jedoch deutlich, dass entsprechende Angebote nicht top-down, sondern in starker Zusammenarbeit nicht nur mit den Organisationen der Arbeitswelt, sondern auch mit den zuständigen Schulen entwickelt werden müssen.
- Das Projekt «Anerkennung früher erworbener Kompetenzen im kollektiv organisierten Berufsbildungssystem der Schweiz» wird durch den Schweizerischen Nationalfonds gefördert. Wesentliche Erkenntnisse des Beitrags basieren auf 19 zwischen 2016 und 2023, also teilweise bereits vor Projektbeginn geführten qualitativen Interviews, die hier jedoch nicht einzeln ausgewiesen werden. Der Autor bedankt sich bei den Teilnehmenden der Interviews für ihre Bereitschaft zum Gespräch sowie bei Bettina Wöhler (Leiterin der Fachstelle Berufsabschluss für Erwachsene des Kantons Zürich) für ihre Rückmeldung zum Entwurf des Textes.
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