02.12.2024
N°2 2024

Aktuelles aus dem SVEB

SVEB-Branchenmonitor zeigt leicht positive Entwicklung im Weiterbildungsbereich

Nach dem deutlichen Einbruch von Angebot und Nachfrage infolge der Corona-Pandemie befindet sich die Weiterbildungsbranche seit 2022 in einer Phase der Erholung. Dies zeigt der SVEB-Branchenmonitor, der einmal jährlich erscheint und gestützt auf eine Anbieterumfrage die Entwicklung in der Weiterbildungsbranche beobachtet, insbesondere in den Bereichen wirtschaftliche Situation, Angebot, Nachfrage und Personalbestand. Die aktuelle, auf der Erhebung von 2023 basierende Ausgabe des Branchenmonitors zeigt in allen vier Dimensionen eine leicht positive Branchenentwicklung. Auch die Erwartungen für 2024 wiesen in eine leicht positive Richtung: Etwas mehr als die Hälfte der befragten Anbieter erwartete für 2024 eine Zunahme der Nachfrage sowie des Angebotsvolumens. Der mit der Pandemie einhergehende Digitalisierungsschub in der Weiterbildungspraxis hat sich währenddessen etwas verlangsamt.

Zu den aktuellen Herausforderungen zählen viele Weiterbildungseinrichtungen die Angebotsentwicklung: Neben der ressourcenintensiven Entwicklung von neuen Angeboten und der kontinuierlichen Verbesserung bestehender Angebote erachten die Anbieter die Individualisierung und Flexibilisierung als anspruchsvoll. Einige Anbieter empfinden ausserdem die Rekrutierung von qualifiziertem Personal und die Mitarbeiterbindung als anspruchsvoll. 

Vanessa Cacho und Sofie Gollob (2024): SVEB-Branchenmonitor 2024. Weitere Erholung der Weiterbildungsbranche. Zürich: SVEB

Lebenswelten von Nicht-Teilnehmenden im Bereich Grundkompetenzen

Rund jede zehnte Person in der Schweiz hat Mühe, einfache Texte zu verstehen oder zu schreiben, alltagsmathematische Aufgaben zu bewältigen oder Informations- und Kommunikationstechnologie für ihren Alltag zu nutzen. Nur ein kleiner Teil dieser Personen nimmt an einem Angebot zur Verbesserung ihrer Grundkompetenzen teil. Für Weiterbildungsanbieter stellt die Erreichung dieser Zielgruppe eine Herausforderung dar.

Daher stellt sich die Frage, welche Lernbedürfnisse Personen haben, die keine Weiterbildungen besuchen, und unter welchen Bedingungen sie in einen Lernprozess zur Verbesserung ihrer Grundkompetenzen eintreten würden. Bisher ist nur wenig über die möglichen Gründe für eine Nicht-Teilnahme bekannt. Ein Ansatzpunkt für ein besseres Verständnis liegt in der Betrachtung der Beziehung zwischen dem Lebenskontext, dem wahrgenommenen Lernbedarf und den daraus resultierenden Lernbedürfnissen. Denn der Lebenskontext prägt nicht nur die Einstellung zum Lernen und zu Kursbesuchen, sondern auch den vermeintlichen Nutzen einer Teilnahme.

Mit dem Projekt «Lebenswelten» möchte der SVEB den Lebenskontext von Nicht-Teilnehmenden im Bereich Grundkompetenzen beleuchten. Das Projektteam hat in allen Sprachregionen der Schweiz leitfadengestützte Interviews durchgeführt und diese anhand qualitativer sozialwissenschaftlicher Methoden ausgewertet.

Die aus dem Forschungsprojekt gewonnenen Informationen dienen dem Verständnis der subjektiven Gründe für eine Nicht-Teilnahme. Ein entsprechender Forschungsbericht wird Anfang 2025 veröffentlicht. Um sicherzustellen, dass die gewonnenen Informationen auch für die bedürfnisorientierte Angebotsentwicklung genutzt werden können, erarbeitet der SVEB anschliessend gemeinsam mit interessierten Anbietern ein praxisorientiertes Instrument.

Mangel an Sprachkursleitenden im Integrationsbereich

Derzeit fehlen in der Integrationsförderung in der Schweiz über 100 Kursleiterinnen und Kursleiter in den Bereichen Sprache und Alphabetisierung. Aufgrund dieses Fachkräftemangels können viele Kursangebote nicht durchgeführt werden. Anbieter und Kantone führen teilweise lange Wartelisten; viele Migrantinnen und Migranten, die Sprachunterricht besuchen würden, können dies nicht tun.

Um potenzielle Kursleiter anzusprechen und Interessierte – auch Quer- und Neueinsteigereinnen – über Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung zu informieren, hat eine Projektgruppe bestehend aus dem SVEB, Weiterbildungsanbietern und Hochschulen die Website deutschunterrichten.ch lanciert. Auf diesem Portal werden offene Stellen kommuniziert und die Tätigkeit des Kursleiters im Integrationsbereich beschrieben. Das Projekt wurde vom Staatssekretariat für Migration SEM sowie von mehreren Kantonen unterstützt.

Die Website richtet sich einerseits an Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger, die bereits Unterrichtserfahrung haben, aber noch nicht im Sprachunterricht für Erwachsene tätig sind – also etwa Primarlehrpersonen oder Kursleiterinnen mit SVEB-Zertifikat oder Fachausweis. Andererseits sollen mit dem Aufzeigen von Ausbildungsmöglichkeiten auch Neueinsteigerinnen ohne Unterrichtserfahrung angesprochen werden. Ebenfalls beschrieben sind weiterführende Ausbildungen auf Hochschulniveau.

 

Geringes Angebot an Klimabildung für Erwachsene

Um zu eruieren, wo die Schweiz in Bezug auf die Klimabildung von Erwachsenen steht, hat der SVEB eine Recherche durchgeführt und die Resultate in Form eines Berichtes publiziert. Darin analysieren die Co-Autoren Marianne Müller (SVEB) und Simon Zysset (WWF Schweiz und formatia.ch) die Angebotslandschaft, die Rahmenbedingungen und die Förderstrukturen in der Schweiz. Dabei zeigen sie auf, dass die Relevanz von Bildung zur Förderung des Klimaschutzes, der Klimaanpassung und der nachhaltigen Entwicklung in den massgeblichen staatlichen Strategien und Agenden im Bildungsbereich zwar anerkannt ist, das Angebot aber dieser Relevanz noch nicht entspricht.

Das relativ kleine Angebot in der allgemeinen Weiterbildung sowie die Fördermöglichkeiten weisen gemäss dem Bericht auf eine Diskrepanz zwischen subjektivem Bedarf im Sinne der Nachfrage und objektivem Bedarf zur Erreichung der Ziele gemäss nationalen und internationalen Beschlüssen, Strategien und Aktionsplänen für Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung hin.  

In seinem Fazit definiert der Bericht darum Handlungsfelder und -vorschläge auf den Ebenen Bund und Kantone, Verbände und Netzwerke sowie Weiterbildungsinstitutionen. Dazu gehören unter anderem Anpassungen auf Gesetzesebene, die Zusammenarbeit von relevanten Akteuren oder die Weiterqualifizierung von Angebotsverantwortlichen und Kursleitenden in Nachhaltigkeitsthemen. Damit soll der Weiterbildungsbereich für die Situation der Klimabildung für Erwachsene in der Schweiz sensibilisiert werden. Darüber hinaus sollen die Akteure motiviert werden, konkrete Schritte zur Verbesserung der Situation zu unternehmen.

Marianne Müller und Simon Zysset (2024): Klimabildung von Erwachsenen in der Schweiz. Zürich: SVEB

 

Erprobung des GO-Modells in Kirgistan

In der Schweiz hat sich das vom SVEB zusammen mit Partnern entwickelte GO-Modell zur Förderung von Grundkompetenzen am Arbeitsplatz etabliert. Das Modell wurde für den Grundkompetenzbereich entwickelt, kann aber auch für die arbeitsplatznahe Förderung anderer Kompetenzen genutzt werden. Im Mai 2024 wurde der SVEB eingeladen, in Kirgistan eine Weiterbildung für Fachleute anzubieten, die das GO-Modell kennenlernen wollten. Die Einladung zum Know-how-Transfer erfolgte im Kontext des auf 12 Jahre angelegten, von der Schweizer Botschaft in Kirgistan lancierten Projektes «CHeber Skills Development Initiative». Ziel dieser Initiative ist es, in Zusammenarbeit mit Unternehmensverbänden, privaten und öffentlichen Bildungsanbietern die Entwicklung eines Marktes für non-formale Bildung zu fördern. In diesem Kontext sollte das GO-Modell des SVEB das nötige Know-how für arbeitsplatzspezifische Kursangebote in kirgisischen Betrieben bereitstellen.

Cäcilia Märki, Leiterin Grundkompetenzen im SVEB, stellte das GO-Modell im kirgisischen Bishkek im Rahmen eines fünftägigen Trainings vor. Die 16 Teilnehmenden waren in Unternehmensverbänden oder bei Bildungsanbietern beschäftigt. Im Anschluss an die Einführung in das GO-Modell und das Erlernen der Grundlagen fand das weitere Training in einem Textilbetrieb vor Ort statt. Dies bot den Teilnehmenden die Gelegenheit, die ersten Schritte zur praktischen Umsetzung des GO-Modells in einem realen Setting zu erproben. Dazu gehörten insbesondere die Durchführung einer Anforderungsanalyse und die Erstellung von Anforderungsprofilen, welche als Grundlage für die Erhebung des Lernbedarfs der Mitarbeitenden dienten. Den Abschluss des fünftägigen Trainings bildete das Verfassen von Kurskonzepten auf der Basis der zuvor erarbeiteten Anforderungsprofile.

Die Bilanz dieser Erfahrung fiel sowohl bei den kirgisischen Teilnehmenden als auch beim SVEB positiv aus. Die Teilnehmenden beurteilten die Instrumente und Prozesse des GO-Modells als geeigneten Rahmen, um in Kirgistan arbeitsplatzorientierte Weiterbildungen zu konzipieren und umzusetzen. Aus Sicht des SVEB war die Pilotierung des GO-Modells in einem Land, dessen Bildungssystem und Arbeitsmarkt wenig mit ihren Pendants in der Schweiz gemeinsam haben, eine wertvolle Gelegenheit, die Transferierbarkeit und Flexibilität des Modells zu erproben. 

 

Trendbericht zu Future Skills in der Erwachsenenbildung

Der Think-Tank TRANSIT behandelte dieses Jahr das Thema «Future Skills». Future Skills beziehen sich auf die Kompetenzen, Haltungen, Werte und Wissen, die in einer sich verändernden Gesellschaft und Arbeitswelt wichtig werden, um erfolgreich in der Zukunft bestehen zu können. Future-Skills-Diskurse sind ein Versuch, künftige Anforderungen zu antizipieren, um möglichst frühzeitig auf neue Bedarfe oder Bedingungen reagieren zu können. TRANSIT möchte diesen Diskurs in Bezug auf die Erwachsenenbildung führen.

Future Skills Frameworks und ihre Kompetenzraster sind weder statisch noch universell gültig, sondern kontextabhängig und müssen den sich wandelnden Zukunftsvorstellungen angepasst werden. Die Vielfalt der Zukunftsvorstellungen und die Veränderlichkeit der Kompetenzmodelle werfen zentrale Fragen für die Akteure in der Erwachsenenbildung auf.

In einem Anfang 2025 erscheinenden Trendbericht nimmt TRANSIT diese Fragen auf. Er diskutiert dazu die Idee hinter Future Skills, stellt einige Frameworks vor, beleuchtet die dahinterliegenden Zukunftsvorstellungen und ordnet diese in der sozialwissenschaftlichen Diskussion ein. Die Überlegungen zielen darauf ab, den Mehrwert der Beschäftigung mit zukünftigen Entwicklungen für die Erwachsenenbildung aufzuzeigen und eine kritische Einordnung von Future Skills zu ermöglichen.

Der Trendbericht beinhaltet zudem Perspektiven, die es den Akteuren der Erwachsenenbildung erleichtern sollen, sich im Kontext von Future Skills zu orientieren. Um das kollektive Wissen und die vielfältigen Erfahrungen von Akteuren in der Erwachsenenbildung zu nutzen und die Perspektiven an den Bedürfnissen der Praxis auszurichten, werden diese in einer Veranstaltung und über Zusammenarbeit kollaborativ erarbeitet und reflektiert.

Helen Buchs: TRANSIT-Trendbericht: Future Skills (erscheint Anfang 2025).

 

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